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Und die ihr alle meine Bruder seid

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Der Friedhof liegt dicht neben dem Pfarrhausgarten, so da der machtige Birnbaum gleichermaen die an der Mauer liegende Graberreihe, wie auch die Gemusebeete der Frau Pfarrer beschattet.

Der Fliederstrauch, dessen Blutezeit alljahrlich ein begluckendes Wunder der Schonheit ist, reckt sich mit seinen reichsten Asten - ein wenig zum Kummer des Pfarrherrn - in den stillen Garten hinuber.

Dafur klettert aber aus diesem breitblattriges Grun in die Hohe, und plotzlich tun sich uber der Mauer die blaudunkeln Augen der Clematis auf. Die Frau Pfarrer ist schon oft gefragt worden, ob ihr die Nachbarschaft des Friedhofs nicht unheimlich und drückend sei.

Aber sie schüttelt den Kopf, und im Herzen denkt sie, daß es demjenigen, der so lange Jahre hindurch dicht neben dem stillen Garten gelebt, einmal leichter falle, sich in eines der schmalen Betten zur Ruhe zu legen.

Sie geht, obwohl sich einige ihrer Gäste erstaunt, ja beinahe mißbilligend darüber äußern, fast allabendlich durch die kleine Pforte, die aus ihrem eigenen, mit lachendem Leben gefüllten Garten in den stillen hinüberführt.

Wenn sie dann zurückkommt, ist ihr Antlitz vielleicht ein wenig blasser, aber die Augen haben einen hellen und gütigen Schein, und ihre Schritte sind ruhig und kraftvoll.

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Product Details
Culturea
104190961Y / 9791041909612
Paperback / softback
02/03/2023
50 pages
189 x 246 mm, 109 grams
General (US: Trade) Learn More